Wanderkino im Schlosshof
Hochgenuss mit Tiefgang
Historischer Schlosshof ist Kulisse für Stummfilme und Musik
Der Sommer meint es gut mit der Premiere im Schlosshof. Malerisch legen sich Abendrot und blaue Stunde über die historische Kulisse. Sie scheint wie gemacht für einen lauen Sommerabend voll Nostalgie, Charme und Esprit. Zufall, dass gerade jetzt ein riesiger Heißluftballon vorbeifährt? Was es mit dem alten Feuerwehrauto auf sich hat, das kurz zuvor an seinen Platz vor den Zuschauerreihen getuckert ist, wird sich kurz vor Einbruch der Dunkelheit herausstellen.
Magie liegt in der Luft und bald auch der Duft von Popcorn und Grillwürsten. Dann gerät die Luft in Schwingung. Zwischen Rosenranken und historischem Gemäuer spielen „Stirling Bridge“ Irish Folk zum Schwelgen und Mitsingen. Auch die eigenen Arrangements moderner Songs sprühen nur so vor Energie. Obschon das Duo Jo&Max in Ober-Mörlen ein Heimspiel hat – Johannes Meiser lebt in Langenhain-Ziegenberg, Musikstudent Max Pfreimer ist in der Wetterau Zuhause – sind die beiden begnadeten Musiker für viele eine Überraschung. Die Begeisterung ist groß.
Kaum ist das Vorprogramm verklungen, wird es rund um das historische Feuerwehrauto lebendig. An seiner Seite wird ein Holzrahmen auf- und mit einer blütenweißen Leinwand bespannt. Kaum haben Tobias Rank und Sebastian Pank dann auch den 16-mm-Filmprojektor auf seinem hölzernen Stativ befestigt und einen Instrumentenpark aus Piano, Saxophonen und Bassklarinette neben ihrem roten „Laster der Nacht“ aufgebaut, hüllt sich der Schlosshof in verheißungsvolle Dämmerung. Der Projektor beginnt zu rattern, auf der Leinwand lernen die Bilder das Laufen wie vor hundert Jahren und die beiden Vollblutmusiker hauchen einem Potpourri aus Stummfilmklassikern Leben ein.
Auf den Punkt genau zeichnen Pianist Rank und Saxophonist Pank virtuose Spannungsbögen und verstärken die auf der stummen Leinwand dargestellten Emotionen. Die Faszination geht tief unter die Haut. Eine Stecknadel könnte man fallen hören, so gebannt ist das Publikum in diesem etwas anderen Openairkino. Man fiebert mit Komiker Harry Langdon mit, lacht und weint mit Pat und Patachon „Auf hoher See“ und amüsiert sich mit den Kleinen Strolchen bei ihrer „Babywäsche“. Sogar den „Vagabund“ Charlie Chaplin hat es nach Ober-Mörlen verschlagen und Meister Buster Keaton in seinem interkulturellen „Bleichgesicht“-Klassiker aus dem Jahr 1922. Noch vor Mitternacht steuern Rank und Pank ihr mobiles Kino passgenau durchs Tor in der Schlossmauer. „‘S war schön bei Euch“, strahlen die musikalischen Vagabunden auf Zeit. Viele winkende Arme verabschieden den „Laster der Nacht“ auf seinen direkten Weg an die Ostseeküste.
Begeistert vom Ambiente und vom Engagement vor Ort hatte sich zu Beginn des Abends Frank Dauer, Geschäftsführer vom Kultursommer Mittelhessen, geäußert. „Wir bringen Kultur ins Land“, ist das Credo des Vereins, der auch diesen malerischen Abend im Ober-Mörler Schlosshof unterstützte mit einem Kino-Projekt, das für die Kommune als Veranstalter, die Gruppe „Wir für unser Dorf“ als Organisatoren und die Besucher gleichermaßen begeisternd geriet. Bürgermeisterin Kristina Paulenz dankte für die Unterstützung, besonders auch allen Helfern und Popcorn-Pionier Helmut Haase und Team sowie der freiwilligen Feuerwehr, die spontan ihren Würstchengrill im Schlosshof aufgebaut hatte.
Herzlichen Dank an alle Besucher, auch für die hohe Spendenbereitschaft! Die Spenden tragen anstelle von Eintrittsgeld zur Deckung der Kosten bei.